Georgien
Krone-Schmalz: Russland und der Westen – wie weiter?
Wie kann der Krieg in der Ukraine beendet und wie können die Beziehungen zwischen Russland und dem Westen zu friedlicher Kooperation zurückkehren? Diese Fragen standen im Mittelpunkt einer Veranstaltung mit der ehemaligen Russland-Korrespondentin der ARD, Prof. Dr. Gabriele Krone-Schmalz, zu der die Osnabrücker Friedensinitiative eingeladen hatte.
Mit etwa 500 Besucher*innen stieß die Veranstaltung in der Gesamtschule Schinkel auf riesiges Interesse, darunter viele Schüler*innen von Gesamtschule, Gymnasium Bad Essen und Gymnasium in der Wüste. Letztere hatten in ihrem Unterricht Fragen an Krone-Schmalz gesammelt:
- Wie stehen russische Bürger:innen zu dem Krieg?
- Was ist ihrer Meinung die effizienteste Methode, diesen Krieg zu beenden ?
- Inwiefern leiden ausländische Medien in Russland unter der Medienzensur?
- Wie schaut Russland auf aktuelle politische Entwicklungen?
- Welche Entwicklungen in Russland in den letzten Jahren haben Ihrer Meinung nach den aktuellen Konflikt maßgeblich beeinflusst?
- Was wären aus Ihrer Sicht konkrete Schritte, die der Westen unternehmen könnte, um zur Beendigung des Konflikts in der Ukraine beizutragen?
- Welche langfristigen Folgen erwarten sie für die russische und ukrainische Bevölkerung ?
- Wann schätzen sie wird sich die Russische Bevölkerung eher gegen den Krieg positionieren bzw. wie lange kann Putin weiter Bürger zum Krieg verpflichten?
- Für wie realistisch halten Sie zielführende diplomatische Verhandlungen, bevor eine Partei klar gewonnen hat?; Welche Länder könnten international noch eine Vermittler-Rolle annehmen?
- Welche Schritte wären notwendig, um die Ukraine nach Kriegsende politisch und gesellschaftlich zu stabilisieren?
- Welche persönlichen Erfahrungen, die Sie als Korrespondentin in Russland gemacht haben, helfen Ihnen heute den Konflikt besser zu verstehen?
- Für wie zielführend halten Sie die bisherigen westlichen Sanktionen gegen Russland bzw. das allgemeine Verhalten von EU (oder auch UN)?
Aus dem gut 60-minütigen Vortrag von Krone-Schmalz:
- Janukowytsch sei weggeputscht worden
- Die Bevölkerung der Ukraine sei von 52 Mio. in 1991 auf jetzt 30 Mio. geschrumpft
- Eine Partnerschaft zwischen Europa und Russland (Eurasien) sei nicht im Interesse der USA
- Der Anteil der BRICS-Staaten an der Weltwirtschaft ist auf 35% gewachsen
- Fehler, dass in der EU die Russland-Politik Osteuropa überlassen wurde
- NATO-Osterweiterung einer der größten Fehler nach dem zweiten Weltkrieg
- Während Russland über 11 exterritoriale Militärstützpunkte verfügt, haben die USA fast 800
- Kiew führte 2014 Krieg gegen Ost-Ukraine
- Nach Krieg keine Verwendung mehr für Selenskij
- Harris hat strategisches Interesse der USA an Ukraine betont
- Moskau will angemessenen Platz in neuer Sicherheitsarchitektur
- Orbans Reisediplomatie wurde vom Rest der EU sabotiert
- Die geplante Stationierung von US-Raketen in Deutschland würde höchst-gefährliche Eskalation sein
- 1979 gab es zur NATO-Aufrüstung eine intensive gesellschaftliche Debatte, der NATO-Beschluss vom 10.7.24 wurde nur beiläufig erwähnt; das war schon unter Obama entschieden, das war eine von langer Hand vorbereitete einseitige Entscheidung der USA; die USA haben die Befehlsgewalt, hat Deutschland Veto-Recht?
- Sanktionen schaden uns weit mehr als demjenigen, dem sie eigentlich schaden sollen
- Kampf um Demokratie nicht in der Ukraine, sondern in Deutschand
- Politische Analyse nicht durch Moral ersetzen
- Material der Kultusministerien für die Schulen lassen nicht Perspektivwechsel zu, was ein Verbrechen an der Jugend ist
- Dass die Vorschläge von Gorbatschow nicht genutzt wurden, ist tragisch und die verpasste Jahrhundert-Gelegenheit
- Dass vom israelischen Außenminister Bennet am 24.3.22 in Istanbul vorgeschlagene Kriegsende war nicht im westlichen Interesse, was Selenskij am 9.4.22 durch Boris Johnson mitgeteilt wurde
- Ukraine wird jetzt von westlichen Investoren aufgekauft und auf dem Altar geopolitischer Interessen geopfert
- Mit dem Einmarsch im Gebiet Kursk russisches Militär aus der Ostukraine herauszubekommen, ist nicht gelungen – jetzt ist der Bahnknoten Petrowsk bedroht
- Wenn nach der Trump-Wahl sich die USA zurückziehen, kann Europa die Suppe auslöffeln
- Warnung vor Denunziantenkultur
- Fazit: westliche Gesellschaft muss sich davon verabschieden, Geschichte beschleunigen zu können; an Wandel durch Annäherung wieder anknüpfen – nicht ohne junge Menschen.
„Es hat sich gelohnt, die nicht unerhebliche Arbeit in die Vorbereitung der Veranstaltung zu investieren“, bilanzierte OFRI-Mitglied Andreas Stinner. Alleine der inhaltliche Diskussionsaustausch mit den Schülerinnen und Schülern sei die Veranstaltung wert gewesen.
„Auch auf dieser Veranstaltung waren die „Bruchlinien“ und politisch unterschiedlichen Bewertungen zum Verhalten und Vorgehen der russischen Regierung deutlich vernehmbar, so Stinner. Während Krone-Schmalz das Vorgehen der russischen Regierung im Wesentlichen als „Abwehrhaltung“ in Bezug auf die westlichen (im Wesentlichen der Amerikanischen ) Interessen herleite und die ukrainische Geschichte auch als Beleg anführe für eine „russische Schutzfunktion“, habe es insbesondere aus der Schüler*innenschaft Widerspruch gegeben. Krone-Schmalz Aussage, dass die russische Regierung nie vor hatte, die komplette Ukraine zu vereinnahmen, (Russland würde sich hier „verschlucken“), wurde dies von einem Schüler mit dem „einfachen“ Argument „gekontert“, dass der erste Angriff doch Kiew galt und somit doch die komplette Macht in der Ukraine übernommen werden sollte. Nach etwas Zögern sei dieses Argument von Frau Krone-Schmalz akzeptiert und von ihr indirekt bestätigt worden, dass es nicht nur um die „Verteidigung“ von russischen Interessen gehe.
Gefehlt habe ein eindeutiger Bezug auf das Völkerrecht und auf die UNO als noch einzig verbliebenes internationales Gremium zur Regulierung der unterschiedlichen Sicherheitsinteressen. Die Wiederherstellung eines stabilen Friedens solle sowohl den Sicherheitsinteressen aller Beteiligten Rechnung tragen wie auch dem Recht der Menschen, selbst zu entscheiden in welche politische Richtung sich ihre Gesellschaften entwickeln solle.