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Nicht abgedruckter Leserbrief
Mit seinen markigen Worten hat sich unser neuer Bundesverteidigungsminister B. Pistorius mit Sicherheit schon in die Herzen etlicher Militärs, der Rüstungsindustrie und auch das der tapferen Frau A. Strack-Zimmermann als Vorsitzende des Verteidigungsausschusses und Rüstungslobbyistin sowie der ukrainischen Regierung manövriert.
Einem aufmerksamen Leser kann aber auch Angst und Bange werden, wenn er liest, was in der politisch-medialen Blase läuft.
Es geht ja nicht nur darum, dass jetzt mindestens 3 Bataillone mit unterschiedlichen Versionen des schweren Kampfpanzers Leopard ausgerüstet werden, sondern scheinbar geht man jetzt schon von einer Fortsetzung des Krieges bis mindestens Mitte 2024 (!!!) aus (siehe NOZ vom 8.2.23, S. 4). Deutsches Militär ist von Polen aus in die Wartung der Kriegsgeräte und die Unterstützung des ukrainischen Militärs eingebunden, ebenso werden ukrainische Soldaten in Deutschland ausgebildet. NOZ-Kommentator Th. Ludwig lamentiert bereits über eine mangelnde Bereitschaft der deutschen Bevölkerung im Rahmen von NATO-Bündnistreue mit Soldaten in einen Krieg einzusteigen. Ebenso wärmt er die allseits bekannten Phrasen von mangelnder Verantwortungsübernahme und Führungsstärke Deutschlands auf, die letztendlich immer militärisch dekliniert werden.
„Natürlich“ sind die Panzerlieferungen eine Reaktion auf russische Angriffe, Vorstöße etc. in dem völkerrechtswidrigen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Und „natürlich“ reagiert das russische Militär darauf, wie in der gleichen NOZ-Ausgabe zu lesen ist, mit einer zügigen neuen Offensive (S. 4). Auf die werden dann wieder „natürlich“ die jetzt schon eingeforderten Langstreckenraketen und Kampfflugzeuge geliefert. Das ist der „natürliche“ Ablauf der Kriegslogik, in der Politik und Medien auf den verschiedenen Seiten weitestgehend verhaftet sind. Wer erinnert sich da noch an die pathetischen Äußerungen der Bundesaußenministerin A. Baerbock in der Kiewer U-Bahn angesichts der schutzsuchenden Zivilbevölkerung. Das ist vorbei!
Nach 8 Jahren Krieg im Jemen sind mehr als 250.000 zivile Opfer zu beklagen. Für die Ukraine werden nach einem Jahr mehr als 50.000 zivile Opfer angegeben. Gar nicht zu reden von hunderttausenden Opfern in den etlichen Kriegen, die aktuell und weltweit unterhalb unseres überhitzen Aufmerksamkeitshorizontes stattfinden. Menschen, die in Bunkern, Kellern und Trümmerlandschaften versuchen zu überleben, hoffen dem Tod zu entgehen und ihr Dasein zwischen den Fronten oder auf den verschiedenen Seiten der Front fristen.
Ihnen gilt mein Mitgefühl und ich kann nur hoffen, dass jenseits des allgegenwärtigen militärischen Getöses noch bedachte und verantwortliche DiplomatInnen im Hintergrund arbeiten und versuchen, wenigsten einen ersten Schritt zu einer Verbesserung der Lage dieser Menschen zu erreichen. Das wäre etwa ein erstes Ruhen der Waffen, ein Waffenstillstand und sei er im ersten Schritt auch nur lokal und zeitlich begrenzt. Aber ein Anfang! Das ist noch lange keine Verhandlung und erst recht kein Friede. Aber das Bemühen um ein Schweigen der Waffen darf auch nicht diffamiert werden als „Diktatfriede“ oder „Siegfriede der Gegenseite“. Es würde den Menschen in den vielen Kriegsgebieten erst einmal erlauben, aus ihren Bunkern, Kellern und Trümmern heraus zu kommen und erstmals wieder relativ angstfrei zu atmen, sich zu bewegen. Ein schnellstmögliches „Ruhen der Waffen“, hieran sollte sich das politische und diplomatische Handeln ausrichtet, das hieße z.B. Rettungsmaßnahmen, Evakuierungen, Fluchtwege, humanitäre Korridore, entmilitarisierte Zonen etc. zu ermöglichen. Parallel dazu ergeben sich dann weitere Schritte, wie massenhafte Lieferungen von Krankenwagen, Feuerwehrfahrzeugen, Räumfahrzeugen, Stromgeneratoren, Wasseraufbereitungsanlagen, tausende Tonnen medizinisches Material für Krankenhäuser, Praxen und 1. Hilfe-Stationen etc.
Wenn eine Diplomatie mit diesem Ziel, der Verbesserung der Situation der leidenden Zivilbevölkerung im Hintergrund liefe, dann könnte man sogar die markigen Sprüche des neuen Verteidigungsministers ertragen.
Leserbrief an NOZ
Th. Müller
8.2.2023