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Friedenspolitik - mit Osnabrücker BundestagskandidatInnen
Osnabrücker Bundestagskandidaten zur Friedenpolitik
31.8.2021 Saal Bundesstiftung Friedensforschung
Am 31.8.2021 stellten sich die Bundestagskandidaten von CDU, SPD, Grünen, FDP und der Linken den Fragen der Osnabrücker Friedensintiative und des Publikums zur Verteidigungs- und Außenpolitik. Zu Beginn wurden den Kandidaten eine Frage zugelost, die sie im Zusammenhang mit einer persönlichen Vorstellung beantworten sollten.
In einer zweiten Runde ging es um Afghanistan, um im Anschluss daran auf Fragen aus dem Publikum einzugehen.A) Eingangsfragen und Antworten
1. Welchen Sinn macht die Entsendung der deutschen Fregatte „Bayern“ ins südchinesische Meer?
Nemir Ali (FDP): Ich begrüße den Einsatz der Fregatte als Zeichen an China und die Nachbarstaaten, die internationalen Gewässer zu schützen.
2. Wie soll Deutschland sein internationales Engagement zwischen zivilen und militärischen Mitteln gewichten?
Manuel Gava (SPD): Die Diplomatie möglichst einheitlich in Europa muss im Vordergrund stehen, militärische Mittel in zweiter oder dritter Linie.
3. Inwieweit sollte Deutschland seine Zusage auf Steigerung der Militärausgaben auf 2% des Bruttoinlandsprodukts angesichts der Coronafolgekosten aufrecht erhalten?
Thomas Klein (Grüne): SoldatInnen auszurüsten und zu schützen ist richtig, aber das 2%-Ziel kann nicht aufrechterhalten werden.
4. Inwieweit bietet die Ansiedlung militärischer Kompetenzen auf EU-Ebene die Chance, nationale Militärpotenziale zu reduzieren?
Thomas Middelberg (CDU): Bei einer effizienten EU-Militärstruktur können nationale Militärpotentiale gesenkt werden.
5. Welchen Sinn macht der weitere Einsatz von Bundeswehr-Soldaten in Mali?
Heidi Reichinnek (Linke): Statt Uran aus Nordmali auszubeuten, muss mehr für die Armutsbekämpfung getan werden.
B) Themenkomplex Afghanistan
Reichinnek: Die derzeitigen US-Angriffe fördern die Spirale der Gewalt. Wir müssen uns mehr um die Flüchtlinge kümmern.
Middelberg: Ich selbst schäme mich als MdB. Die USA mussten sich zwar für 9/11 verteidigen, aber die Frage, wann über die Verteidigung hinausgegangen wurde, wurde nicht gestellt und nicht präzise beantwortet, Die Fragen, waren die Zielsetzungen realistisch und waren sie berechtigt, müssen noch beantwortet werden. Um einen differenzierten Blick zu erhalten, sollte sich für die Bewertung Zeit gelassen werden.
Klein: Der BND war nicht so blind. Dass Frauen in Afghanistan aktuell für ihre Rechte demonstrieren, stimmt hoffnungsvoll.
Gava: Jetzt mit den Taliban zu sprechen, ist richtig. Es wurden zwar Brunnen gebaut, aber kein Aufbau von Wirtschaft und Arbeit betrieben. Versagt haben der Westen, die Bundesregierung und auch die SPD.
Ali: Erfolg war die Zerschlagung von Al Kaida. Als Konsequenz muss die Bundeswehr aus Mali nicht im Hauruck raus, aber es müssen Fragen gestellt werden, damit nicht ein ähnliches Fiasko passiert.
C) Verhältnis zu Russland
Ali: Es gibt wenig Möglichkeiten unter Putin, mehr Stabilität kann erreicht werden. Wenn auch die Krim nicht zurückkommt – sie bleibt Ukrainisch-, haben die Sanktionen weiteres Vorgehen von Russland gegen die Ukraine gestoppt. Mit je 1.000 NATO-Soldaten je Land im Baltikum wurden die Grenzen gesichert. Minks II muss umgesetzt werden mit dem Ziel demokratischer Verhältnisse in der Ost-Ukraine. Mit Abrüstungsgesprächen sollte die Zahl der Nuklearwaffen reduziert werden. Nordstream II sollte bis zur Änderung der russischen Innenpolitik abgebrochen werden, zumal der Profit bei reichen Oligarchen bleibe.
Gava: Auch wenn die Sanktionen Putin nicht beeindruckt haben, sind sie ein wichtiges Zeichen, sein Vorgehen nicht zu tolerieren. Zivile Kontakte wie Studentenaustausch und Städtepartnerschaften sollten genutzt werden. Gerade die Friedensstadt Osnabrück sollte zivile Kontakte suchen und unterstützen. Zu beachten sei, dass ein Teil der Ukraine Autonomie wolle.
Klein: Mit Präsident Biden können die USA-Russland-Beziehungen sich verbessern. Über Kontakte kann die russische Zivilgesellschaft gegen Putins Innenpolitik gestärkt werden. Osnabrück kann die Besuche bei der Maiwoche aus Russland gegen die Verfolgung transsexueller nutzen. Im Gegensatz zu den Bundesgrünen befürworte er als Jurist die Vollendung von Nordstream II, da Verlässlichkeit zwischen Staaten wichtig sei.
Middelberg: In 15-20 Jahren könnten die Gegensätze überwunden und Russland als Partner gewonnen sein, unter Putin ist das schwierig. Es gilt wachsam zu sein und militärische Abschreckung bereitzuhalten. Es müssten diplomatische Kontakte genutzt werden, auch in die Bevölkerung hinein. Bezüglich Nordstream II gelte auch für ihn die Einhaltung der Verträge.
Reichinnek: Auch wenn Putins Innenpolitik abzulehnen ist, sollte keine Dämonisierung Russlands vorgenommen werden. Zivile Zusammenarbeit über Schüler- und Studentenaustausch sei zu unterstützen. Nordstream II zu Ende zu bauen, trage zum Frieden bei.
D) NATO-Militärmanöver „Defender“
Reichinnek: Ablehnung
Gava: Ablehnung der Militär-Manöver auf beiden Seiten
Ali: Manöver ist richtig, da auch Russland mit „Sapot“ = „West“ übt und beide der jeweils anderen Seite Beobachtung bieten.
Klein: Manöver auch aus ökologischen Gründen nicht mehr vertretbar.
E) Zivile Konfliktbearbeitung
Reichinnek: ja
Middelberg: wie Merkel / Minsk II wichtig, aber auf militärische Abschreckung nicht verzichten; Konflikte müssen nachhaltig gelöst werden, was allein nicht zivil gelingt
Gava: ja, durch Austausch und Diplomatie
Ali: Für Militär, Diplomatie und Entwicklung jeweils 3 Prozent BIP bereitstellen
F) Sollen die amerikanischen Atombomben aus Deutschland abgezogen werden?
Reichinnek: aus Büchel abziehen und UN-Verbotsvertrag durch Deutschland unterschreiben
Middelberg: Abzugsentscheidung aus Büchel nur im NATO-Bündnis und unter Berücksichtigung von China. Gefahr durch Bio-, Chemie- und Cyberwaffen in den Blick nehmen
Klein: „dickes Brett“, aber am Ziel einer nuklearfreien Welt muss gearbeitet werden
Gava: Abzug aus Büchel mit NATO kurzfristig nicht realisierbar; UN-Verzichtsvertrag möglichst mit EU unterzeichnen
Ali: mit Atommächten, auch China, über Atomwaffenverzicht verhandeln